Bläserkreise, oder Posaunenchöre, wie sie häufig genannt werden, im heutigen Sinn sind etwas typisch Evangelisches. In der Auen-Gemeinde gibt es seit 25 Jahren einen Bläserkreis. Doch wie entstanden sie eigentlich?

Die ersten Bläser fanden sich um 1731 in Herrnhut zusammen; 1764 erscheint dort auch zum ersten Mal der Begriff „Posaunenchor“ für ein gemischtes Blechbläserensemble. Mitte des 19. Jahrhunderts werden im Zuge der religiösen Erweckungsbewegung in Westfalen zahlreiche Chöre gegründet. Ihr Zweck war vor allem die Musik im Gottesdienst, aber auch, junge Menschen zur Gemeinde zu führen und sie für die geistliche Musik zu begeistern.

Begünstigt wurden die Chorgründungen durch die Entwicklung der Ventiltechnik, die ein einfaches Verändern der Tonhöhe bei Trompeten und Hörnern ermöglichte. Vorher wurden diese Instrumente von hochbezahlten Spezialisten gespielt, da unterschiedliche Tonhöhen nur durch Verändern der Lippenspannung oder durch das Stopfen der Hand in den Schalltrichter möglich waren; dies erforderte eine langjährige Ausbildung und Übung. Vereinzelt gab es auch Versuche mit Klappen, die jedoch wenig befriedigend waren.

Prägende Gestalten der Posaunenchorbewegung im 19. und frühen 20. Jahrhundert waren Pfarrer Eduard Kuhlo und sein Sohn Johannes aus Bielefeld. Von letzterem finden sich noch heute Choralsätze in den Noten für Posaunenchöre. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Wilhelm Ehmann diese Rolle. Er führte einige Neuerungen ein, wie den verstärkten Einsatz von Trompeten anstelle von Hörnern, was zu einem helleren Klang führte, und sorgte auch für neue, eigens für Bläserchöre komponierte Musik. Außerdem gab er wiederentdeckte Musik für Blechbläser aus der Renaissance-Zeit heraus.

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts – ein genaues Jahr lässt sich leider nicht mehr ermitteln – fanden sich an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche einige Bläser zusammen, um miteinander den Gottesdienst der Gemeinde, der damals – die neue Kirche wurde erst 1961 geweiht – im Gemeindehaus stattfand, zu bereichern. Anfangs gab es eine Zusammenarbeit mit einem Reinickendorfer Posaunenchor, die Proben fanden abwechselnd dort und in Charlottenburg statt. Die Leitung des noch kleinen Häufleins lag bei Hartmut Scharnke, einem der Bläser. Er warb Konfirmanden, die nach kurzer Schulung im Chor mitspielten. Scharnke wanderte jedoch bald nach Neuseeland aus.

Kantor Romo Feldbach, der Anfang 1967 aus Neukölln an die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche kam, übernahm die Leitung des Posaunenchores. Unter ihm blühte auch die Zusammenarbeit mit der Kantorei; mit ihr zusammen gab der Bläserkreis Konzerte und fuhr auf Chorfahrten. Das gute Verhältnis zwischen beiden Chören war auch ausschlaggebend für den Weggang aus Charlottenburg, als Romo Feldbach sich 1981 entschloss, die Stelle zu wechseln und seinen Dienst in der Auenkirche fortzusetzen. Für die Kantorei, deren Mitglieder nur zu einem kleinen Teil aus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Gemeinde kamen, war klar, dass sie Romo Feldbach nach Wilmersdorf folgen wollte. Deshalb hatte ab 1982 die Auen-Gemeinde zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Bläserkreis. Nach dem Eintritt von Romo Feldbach in den Ruhestand übernahm sein Nachfolger KMD Jörg Strodthoff Anfang 1989 die Leitung des Chores und setzte die jahrzehntelange kontinuierliche Arbeit und Qualitätssteigerung seiner Vorgänger fort. Heute, unter der Leitung von Kantor Winfried Kleindopf und Markus Mokosch, besteht der Bläserkreis aus 11 Mitgliedern und freut sich über Verstärkung durch versierte Blechbläser.

Christoph Deindörfer